Hehre Hülsenfrüchte (Teil 2): Soja – das schwarze Schaf?

Soja ist die weltweit am intensivsten angebaute H¨¹lsenfrucht ¨C dies im wahrsten Sinne des Wortes. Die Anbaufl?che betr?gt rund 100 Millionen Hektar; 25-mal die Fl?che der Schweiz. Drei Viertel dieser Soja ist gentechnisch ver?ndert. Dennoch ist die H¨¹lsenfrucht nicht nur f¨¹r Big Business, sondern auch f¨¹r die Bio-Landwirtschaft interessant.

Vergr?sserte Ansicht: Soja-Ernte in Mato Grosso, Brasilien
Soja-Ernte in Mato Grosso, Brasilien. (Bild: iStock.com / alffoto)

2016 ist das UN-Jahr der H¨¹lsenfr¨¹chte (siehe Teil 1 dieser Miniserie) und es markiert den zwanzigsten Geburtstag der Zulassung von gentechnisch ver?ndertem Saatgut in den USA: Soja war eine der ersten Pflanzenarten, die man gentechnisch so manipulierte, dass sie ¨C im Gegensatz zu den im Feld ungeplant wachsenden ?Unkr?utern? ¨C durch ein bestimmtes Herbizid wie etwa Glyphosat nicht abget?tet wird. Ein Meilenstein aus Sicht der Biotechnologie, ein S¨¹ndenfall aus Sicht der Biolandwirtschaft. Billige Unkrautvernichtung und massenhafte Monokulturen sind seitdem Begriffe, die viele von uns mit Soja verbinden.

Fragw¨¹rdiges Futtermittel

Soja-Ernte
(Bild: Flickr / United Soybean Board)

Ebenfalls seit rund 20 Jahren gilt das weitgehende Verbot, Tiermehl, also zerkleinerte Tierkadaver, an andere Nutztiere zu verf¨¹ttern. Dies aus gutem Grund: Insbesondere bei den Rindern, die von Natur aus keine tierischen Futtermittel zu sich nehmen, traten erhebliche Krankheitsprobleme wie BSE (Rinderwahnsinn) auf. Die Futtermittelbranche machte sich auf die Suche nach einem Ersatzprodukt, das m?glichst so preisg¨¹nstig und proteinhaltig wie Tierkadaver sein sollte, und sie fand die Sojabohne. Der Anbau weitete sich auf ?kologisch wertvolle Fl?chen in S¨¹damerika aus. Man mag nun ?den Konsumenten? oder ?die sparsame Hausfrau? daf¨¹r kritisieren, dass er oder sie m?glichst billige Rindfleisch- und Milchprodukte m?chte. Man mag den Landwirt, die Futtermittelbranche, die Saatgutkonzerne oder die Wissenschaftler daf¨¹r kritisieren, dass sie nicht das ihre daf¨¹r getan haben, ein nachhaltigeres oder umweltfreundlicheres Agrarsystem zu etablieren. Einen Akteur kann man meiner Meinung nach aber nicht kritisieren: Die Sojabohne.

Sie kann nichts daf¨¹r, dass heute nur noch drei Prozent ihrer Jahresproduktion in den direkten menschlichen Verzehr gelangen. Auch nicht daf¨¹r, dass sie oft entgegen vieler Regeln guter agronomischer Praxis in Nord- und S¨¹damerika Jahr um Jahr auf denselben Feldern angebaut und dann geschrotet in alle Welt exportiert wird.

Wertvolle Kulturpflanze

Sojabohne
Soja. (Bild: Wikimedia)

Soja stammt aus Ostasien. Dort bereicherte sie bereits ¨¹ber viele Jahrtausende hinweg die Speisepl?ne, bevor man sie auch in Europa entdeckte. Tofu, Sojasauce und andere Produkte enthalten wertvolle Proteine, die es ern?hrungsphysiologisch mit denjenigen von Fleisch und Eiern aufnehmen k?nnen. Zudem enthalten die Samen etwa 20 Prozent ?l. Diese Eigenschaften machten Soja Mitte des 20. Jahrhunderts f¨¹r den massenhaften Anbau in den USA interessant. Dank der Symbiose mit Stickstoff-bindenden Bakterien braucht Soja keinen stickstoffhaltigen Minerald¨¹nger. Mehr noch: Soja h?uft pflanzenverf¨¹gbaren Stickstoff um ihre Wurzeln herum an, was auch nachfolgenden Kulturpflanzen zugutekommt. Soja w?re daher eigentlich ein guter Kandidat f¨¹r Fruchtfolgen in vielen Regionen der Erde.

Mehr Sojaanbau in Europa

Dass die Schweiz und die EU Millionen Tonnen brasilianischen Sojaschrots als Kraftfutter importieren, wird zu Recht angeprangert. In der Schweiz z¨¹chtet man Soja seit Jahrzehnten erfolgreich, um sie auch in unserem vergleichsweise k¨¹hlen Klima kultivieren zu k?nnen. Auch in Europa w?chst die Anbaufl?che von Soja seit Jahren; unter dem Stichwort ?Donausoja? versucht nun endlich auch der alte Kontinent, die Sojabohne besser in unsere landwirtschaftlichen Systeme einzuflechten. Mittlerweile propagiert auch die Bio-Landwirtschaft Soja zur Herstellung von Nahrungsmitteln direkt f¨¹r den Menschen und als Erg?nzung f¨¹r die Tierf¨¹tterung.

Umweltschonend und massentauglich

Wenn die derzeit laufenden Castings f¨¹r ?neue? pflanzliche Proteinquellen und f¨¹r umweltvertr?glich in unsere Fruchtfolgen integrierbare Ackerfr¨¹chte heuer zu einem Gewinner f¨¹hren, dann wird dies meiner Meinung nach die Sojabohne sein. Sie k?nnte das Starlet des wachsenden Health-Food-Bereichs werden. Sie hat das Zeug dazu, Bio-Landwirtschaft und Big Business gleichermassen f¨¹r sich zu gewinnen, denn sie kann es sowohl umweltschonend als auch massentauglich.

Ja, ich finde, sie ist damit der George Clooney der H¨¹lsenfr¨¹chte, wenn nicht sogar der Ackerfr¨¹chte unserer Epoche insgesamt. Selbst dem ?so nicht!? der ewigen N?rgler kann sie k¨¹hl ?So ja? entgegnen. Doch welche Rolle Soja f¨¹r uns spielen soll, daf¨¹r sind wir selbst verantwortlich. Vielleicht schaffen wir es im Jahr der H¨¹lsenfr¨¹chte, sie nicht mehr standardm?ssig in der Rolle des Kraftfutter-und Monokultur-Machos zu besetzen. Denn eigentlich ist Soja ein Tausendsassa und Teamplayer. Hoffentlich darf sie diese Rollen bald ?fter ¨¹bernehmen.

?brigens: Der Kaffee, f¨¹r den George Clooney wirbt, wird zwar auch aus Bohnen gemacht, aber die geh?ren nicht in die Familie der H¨¹lsenfr¨¹chte.

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